Suche nach dem Glück ging trotz COVID-19 weiter

Die COVID-19 Pandemie hat uns alle ziemlich überrumpelt. Viele fühlten sich isoliert, hatten  Angst und lange offene Grenzen wurden wieder aufgebaut. Wie wichtig es ist in diesen Zeiten kreativ zu bleiben und den gemeinsamen Austausch zu suchen, zeigte uns das intergenerationale Tanzprojekt der Semper Zwei in Dresden. Auch wenn das Projekt ganz anders als geplant verlief, wie uns Projektleiter Jan-Bart de Clercq der Sächsischen Staatsoper Dresden Education erzählt, sind wir mit dem Ausgang des Projekts sehr zufrieden.

Was war die ursprüngliche Idee für das intergenrationale Projekt der Semper Zwei?

Als wir mit allen Generationen im Januar in das Projekt gestartet sind, war das gemeinsame Ziel ein Tanztheaterstück zum Thema Glück zu erschaffen. Unsere Medien waren Tanz und Theater. Mit allen Teilnehmenden wurden zum Begriff „Glück“ tänzerische und performative Assoziationen gefunden. Als Rahmengeschichte für das Stück hatte sich die Projektgruppe die Legende von Horaison, die Insel der Glückseligen ausgesucht. Unser Tanztheaterstück sollte am 20.06.2020 Premiere feiern. Wasobiowo, der Held der Geschichte, stellt uns die Frage, ob es erstrebenswert ist, auf einer Insel des ewigen Glückes zu leben. Das implementiert auch die Frage, ob Glück konservierbar ist. Wasobiowo entscheidet sich, die Insel zu verlassen, um sein Volk in der Heimat vor einem bösen Kaiser zu retten. Die szenische und choreografische Stückentwicklung, die generationenübergreifend stattfand, war bis März im vollen Gange.

Welchen Einfluss hatte die COVID-19 Pandemie auf das Projekt, und wie sind Sie damit umgegangen?

Als am 16.3.2020 der Betrieb der Staatsoper auf Grund der Covid-19-Pandemie bis auf weiteres eingestellt wurde, war auch das Generationenprojekt davon betroffen. Die gemeinsame Arbeit konnte nicht mehr stattfinden, alle waren gezwungen zu Hause zu bleiben. Es herrschte zunächst der totale Stillstand.  Das Projektteam stand vor der Frage: Kann das Projekt weiter gehen? Sagen wir das Projekt ab? In welcher Form können wir als Projektgruppe die Zeit des Shutdowns überbrücken und trotzdem gemeinsam kreativ sein? In dieser Situation wurde uns als Projektanleiter*innen schnell klar. Wir müssen das Projekt weiterführen, der intergenerative Kontakt ist gerade in Zeiten der Pandemie sehr wichtig. Wir wollten nicht aufgeben und wir suchten nach einem Weg, das Tanztheaterprojekt weiter zu führen. Die ersten digitalen Versuche waren schwierig, die junge Generation, die digital natives, waren durch Schule und Arbeit mit den neuen digitalen Formaten des Homeschoolings und Homeoffices vertraut. Noch mehr digitale Angebote waren anfänglich eher belastend. Die ältere Generation hatte Bedenken, ob sie die digitalen Formate nutzen konnten. Unsere Aufgabe war es, alle Generationen in Kontakt bringen.

Welche Herausforderungen hatten sie vor allem während des Shutdowns zu bewältigen?

Ende April wurde klar. Es wird keine Aufführung geben. Nochmals wurden der Sinn und Zweck der Projektweiterführung diskutiert. Sowohl beim Projektteam als auch bei den Teilnehmenden war eine Frustration gegenüber digitalen Formaten gewachsen. Es gab viele Online-Gespräche, um herauszufinden, wie die Stimmung in der Gruppe ist. Es wurde klar, dass wir versuchen müssten, wieder reale Begegnungen zu schaffen, sobald die Hygienevorschriften gelockert werden. Trotzdem war auch klar, dass unser gemeinsames Ziel am 20.06.2020 leider nicht erreicht werden kann. Wir haben uns dann entschieden, das Medium zu wechseln und einen Film zu drehen. Damit hatten wir das erste Mal seit der Krise wieder ein gemeinsames erreichbares Ziel, dass alle Generationen verbunden hat.

Wie konnte der Film unter den Hygienevorschriften schließlich realisiert werden?

​Es hat bis Juni gedauert, bis wir endlich einen Raum gefunden hatten, in dem wir in kleinen Gruppen proben und Aufnahmen für den Film machen konnten. Letztendlich hatten wir drei Proben- und Aufnahmetage in einem Tanzzentrum und einen Vormittag draußen. Im Tanzzentrum entstanden alle Aufnahmen in den Quadraten, die sich nach und nach auflösen. Draußen wurde dann die letzte Choreografie getanzt. Wir hatten sehr wenig Zeit. Deswegen haben wir entschieden einen Tanzfilm zu drehen. Die Zeit, um biographisch zu arbeiten und die Erfahrungen der Teilnehmenden textlich aufzuarbeiten und in den Film nachvollziehbar zu integrieren, blieb uns leider nicht. Wir hoffen, dass wir diese Erfahrungen in einem weiteren Projekt in der nächsten Spielzeit mit einem Tanz- und Theaterstück aufarbeiten können, Material dafür haben wir genug gesammelt.

Was hat Sie bei der Durchführung des Projekts am meisten beeindruckt?

Das Besondere an diesem Projekt ist, dass von den 35 Teilnehmenden am Anfang, 30 Teilnehmende bis zum Ende des Projektes mitgemacht haben. Obwohl der ursprüngliche Plan ein intergeneratives Tanz- und Theaterprojekt durchzuführen schon im März begraben werden musste. Auch wenn die Monate März bis Mai für Alle sehr anstrengend waren, blieben die Teilnehmenden am Ball, partizipierten bei der Suche nach Alternativen und ließen sich auf das Experiment ein. Interessanterweise hat sich in den letzten Monaten der Isolation ein großes Vertrauen innerhalb der Gruppe gebildet, es gab während der Proben einen starken Zusammenhalt. Das Vertrauen, das uns als Projektteam gegeben wurde, als wir anstatt einer Bühnenperformance einen Film drehten, war immens. Die Lust sich darauf einzulassen, sieht man an der Vielfalt des Materials, dass innerhalb von drei Proben- und Aufnahmetagen entstanden ist. Auch wenn es im Film auf Grund der Hygienevorschriften nicht immer deutlich wurde, gab es im Hintergrund in diesem Projekt sehr viel intergenerative Zusammenarbeit und vor Allem gemeinsames Erleben. Dieses besondere Projekt wird uns allen sehr lange in Erinnerung bleiben.

Das Video

intergenerationales Tanzprojekt Semper Zwei -skype

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